Samstag, 27. Februar 2016

Letzte Ausfahrt Volmerswerth - das Ende der ZWÖLF

Keine Linie war beständiger. Sie war in gewisser Weise der Anfang der "Elektrischen". 120 Jahre lang war sie die Ratinger Bahn. Seit 1981 ersetzte sie die „17“ nach Volmerswerth.
Weil die Düsseldorfer die unschönen Drähte und Masten der Elektrifizierung ablehnten, musste die erste “Elektrische” 1896 in der Schützenstr starten, wo die Schützen zu Hause waren, also JWD (janz weit draußen). Die Schützenstraße war 1878 als kleine Chemieecke von Henkel erobert worden (Blei Weiß Deus Moll, Ultramarin Piedboeuf, nahe am Oberbilker Gleisdreieck).
Die “Elektrische” fuhr von dort nach Grafenberg und weiter nach Ratingen (zunächst als Kleinbahn). Sie benutzte dabei die Eisenbahnstrecke der Ruhrtalbahn.
1900 fährt die letzte Pferdebahn
Die erste Eisenbahn 1838 (Bergisch Märkische) kommt für die Industrie zu früh. Sie hinterlässt den Gerresheimer Bahnhof und auf verlassenem Gleiskörper die später berüchtigte Kiefernstraße.
Die zweite Eisenbahn 1845 (Cölln Mindener) löst die Düsseldorfer Industrie aus (Oberbilk, Flingern).
Die dritte Eisenbahn 1866 (Ruhrtalbahn der Bergisch-Märkischen) begründet die Grafenberger Industrie von Haniel-Lueg.
Die vierte Eisenbahn 1876 (Rheinische) verdoppelt die beiden anderen, begründet die Rather Industrie mit den Riesen Mannesmann und Rheinmetall, macht aber die Ruhrtalbahn überflüssig und schafft so die Trasse für die erste “Elektrische”.
1885 werden die drei privaten durch die preußische Staatsbahn ersetzt. Die Strecke „Grafenberg- Rath“ der Ruhrtalbahn wird stillgelegt, die Gleise werden von der Elektrischen übernommen, die 1896 den Betrieb aufnimmt.
1906 gab es 11 Straßenbahnen, 1914 haben wir schon die 18 mythischen Bahnen, die jeder alte Düsseldorfer kennt. Zu den Zahlen kommen noch Farbunterschiede: die Grüne „11“ fährt nach Ratingen. 1907 heißt sie„die weiße12“ und wird ab 1981 als 712 nach Süden verlängert bis Volmerswerth.
Ein nostalgischer Blick auf die alte 712
1. Start (oder Ziel): Hellriegel
Schleife auf altem Schutzdeich nördlich der Insel Volmerswerth; Bahn durchfährt die sumpfige Rheinrinne „En dä Ähd” (am Friedhof)
2. Krahkamp
Bahn durchstößt den „Aderdeich” und „Stoffeler Damm”
3. Volmerswerther
alter Prozessionsweg
4. Aachener Platz
rechts: die “Schwarzen Berge” werden zu “Monte Klamott” (heute Trödel), links legendärer Eisladen UNBEHAUN
5. Südring
Zubringer zur (Reichs-)Autobahn, „Mittlerer Ring” des genialen Stadtplaners Stübben (bedauerlicherweise ein Kölner). Alle drei Ringe fangen im Dahlacker an; hier bei Schaffrath ist noch die mittlere Reitspur zu sehen.
6. Suitbertus
älteste Straße von Bilk und damit von Düsseldorf
7. Bilker Bahnhof
Eisenbahntunnel bündelt drei Straßen, schafft die von Stübben geliebten Sternplätze.
Alte Linie 712: Fährt oberirdisch über die Friedrichstr./ Breitestr./ Heinrich-Heine-Allee bis Wehrhahn
Neue Linie U72: Fährt am Bilker Bahnhof in den Tunnel und unterirdisch über Elisabethstr./ Kasenenstr./ Heinrich-Heine-Allee bis Wehrhahn.
8. S-Bahn-Station Am Wehrhahn / Grafenberger Allee
Erste Eisenbahnbrücke von 1876 über Cölln Mindener und Rheinische. Der Norden hat Straßen-Brücken, der Süden -Tunnel, weil die Bahn wegen der hohen Hammer Eisenbahnbrücke auf hohe Dämme gestellt werden musste.
9. Uhlandstr.
Für die “Elektrische” extra breit gebaut, weil Tiergartenstr. zum Zoo ein Flop. Links stand im Jahre 1700 auf dem Schillerplatz der Galgen, der aber das Gesindel hier am Wehrhahn nicht abschreckte.
10. Lindemannstr.
Stübbens mittlerer Ring (Lastenring) wird überquert. Das Atrium ist dem alten Kino nachgebaut.
11. Arbeitsamt (heute: Agentur für Arbeit)
Schöner Hanielpark, 1950 erste Hochgarage Deutschlands (Essleben); der Uhrenturm ist ein Überrest der Lokomotiven-Fabrik Hohenzollern (Haniel).
12. Bahnhof Grafenberg (am Staufenplatz)
Bahn fährt links in die Eisenbahntrasse der alten Ruhrtalbahn.
13. Graf-Recke-Straße / Fahnenburg
Fröscheland Mörsenbroich mit Reitzensteinkaserne; Graf Recke übernimmt das Trappistenkloster und bereitet künftiges Zooviertel vor; Historiker Fahne auf Fahneburg erschließt den Aaper Wald.
14.Rather Broich
Sumpfland am Bergfuß, Militärweg zu den Schießständen Aaper Wald
15. Rather Waldstadion
verweist auf den Kurort Oberrath (vor der Industrialisierung)
16. Endstation: Ratingen Mitte
Früher konnte man sich das Gründungsdatum der Stadt Ratingen gut merken: wie die Linie 12 lag es 12 Jahre vor der Gründung von Düsseldorf: 1288 ./. 12 = 1276. Heute ist vieles anders.

Autor: Dieter Jaeger    Redaktion: Bruno Reble   © geschichtswerkstatt-duesseldorf.de